Visuell: Blog-Archiv Juli 2007

Archetypen

Visualisierung bedient sich häufig allgemein bekannter bildlicher Darstellungen. Dabei zeigt ein Blick über den eigenen Tellerrand, dass allgemein bekannt in diesem Zusammenhang genau das Problem darstellt. In manchen Ländern bedeutet eine Kopfbewegung von oben nach unten ein nickendes Zustimmen (JA) in anderen das genaue Gegenteil (NEIN). Es gilt also, möglichst Symbole zu finden, die einen Ur-Impuls auslösen, der in verschiedenen Kulturen gleich verstanden wird. Dies zumindest, wenn man eine Visualisierungsaufgabe zu lösen hat, die universell gültig sein muss, wie etwa ein Wegweisungs-System auf internationalen Flughäfen.

Der Wikipedia Artikel zu Archetypen erläutert:

Ein archetypisches Symbol zeichnet sich dadurch aus, dass es ein mehrdeutiges Gebilde ist, welches Assoziationen zu geistigen Ideen auslöst, also z. B. das Kind, der Krieger, der Wanderer, der Beschützer, der Heilsbringer, jung sein, alt sein, Armut, Angst, Früchte, Hausbau, Feuer und Brand, ein Fluss, ein See etc.

Hierbei gibt es Grundassoziationen, die sich in vielen Kulturen stark ähneln und das kollektive Element des archetypischen Symbols ausmachen (das von vielen oder allen Menschen unbewusst mit einer Idee oder einem Prinzip assoziiert wird).

Auf die Probe gestellt werden archetypische Symbole wenn man sich vorstellt, dass sie einen Sachverhalt ausdrücken, der auch von Kulturen, die uns heute noch nicht bekannt sind, verstanden werden soll. Ein berühmtes Beispiel ist die Goldene Schallplatte, die der Voyager Sonde auf ihrem Weg jenseits des Sonnensystems mitgegeben wurde. Sie enthält die verschiedensten Symbole, die das menschliche Leben auf der Erde beschreiben. Eine besondere Eigenschaft dieser „Schall"platte ist, dass sie in der Tat auf einer Seite eine analoge Schallplatte ist, auf der anderen in Symbolen u.a. beschreibt, wie man diese Schallplatte mit der mitgelieferten Nadel abspielen kann. Sofern man sich erst einmal auf archetypische Darstellungen konzentrieren möchte, hilft das Studium der einfacheren Vorgängerversionen dieser Schallplatte, nämlich der Plaketten der Pioneer Sonden 10 & 11.

Während das erstgenannte Beispiel nicht weniger als die gesamte menschliche Kultur darstellen möchte, geht es im zweiten um eine weniger umfangreiche Bedeutung. Nebenstehende Abbildung ist ein Ergebnis eines Wettbewerbs, bei dem eine Endlagerstätte für nukleare Abfälle (in einem Salzstock in New Mexico) ein „Warnschild" erhalten soll, das auch noch in zehntausend Jahren davor warnt, in dieser Gegend Grabungen durchzuführen, Lebensmittel anzubauen oder Trinkwasser zu fördern (Expert Judgement on Markers to Deter Inadvertent Human Intrusion into the Waste Isolation Pilot Plant).

Auch hier muss die Lösung unabhängig von kulturell erlernten Bilderwelten funktionieren, da es um einen Zeitraum geht, in dem die kulturelle und sprachliche Entwicklung nicht abzusehen ist.

Labels: de, non-numeric

Powerpoint zum Zwanzigsten

Das Erscheinungsbild dieses Weblogs hat die Bücher von Edward Tufte zum Vorbild und dieser Autor wird bestimmt noch in vielen Beiträgen Erwähnung finden. Allerdings ist Tufte ein Spezialist für bedrucktes Papier und hält nicht viel vom Internet oder Bildschirmdarstellungen ganz generell. Dabei ist die hohe Informationsdichte, die Papier im Gegensatz zu heutigen Bildschirmen erreicht, nur eine Seite der Medaille. Animation und Interaktion können bei der Visualisierung in elektronischen Medien großartiges bewirken, wie in diesem Weblog auch noch gezeigt werden soll.

Tufte hat in seinem Essay The Cognitive Style of Power Point eine herrlich zu lesende Kritik an der beim Einsatz von Powerpoint häufig produzierten Inhaltsleere vorgelegt und geht darin sogar so weit, die Explosion des Columbia Space Shuttles auf missverständliche Powerpointfolien zurückzuführen (PowerPoint Does Rocket Science). Allerdings hinterlässt die Lektüre nach etwas zeitlichem Abstand einen schalen Nachgeschmack, gemäß dem Roman Herzog zugeschriebenen Ausspruch Wir haben kein Erkenntnis-Problem sondern ein Umsetzungsproblem. Will sagen, Kritik ist einfach, besser machen schon schwieriger. Dennoch eine kurze Tufte Kostprobe zum Thema:

Imagine a widely used and expensive prescription drug that promised to make us beautiful but didn't. Instead the drug had frequent, serious side effects: It induced stupidity, turned everyone into bores, wasted time, and degraded the quality and credibility of communication. These side effects would rightly lead to a worldwide product recall.

Yet slideware -computer programs for presentations -is everywhere: in corporate America, in government bureaucracies, even in our schools. Several hundred million copies of Microsoft PowerPoint are churning out trillions of slides each year. Slideware may help speakers outline their talks, but convenience for the speaker can be punishing to both content and audience. The standard PowerPoint presentation elevates format over content, betraying an attitude of commercialism that turns everything into a sales pitch.

[PowerPoint Is Evil. Power Corrupts. PowerPoint Corrupts Absolutely.,
Edward Tufte in Wired 11.09 | September 2003]

Als guten Vorsatz für dieses Projekt habe ich mir vorgenommen, nicht nur zu kritisieren, weil das wirklich zu billig ist. Und gerade in Bezug auf Powerpoint gibt es glücklicherweise Abhilfe, nämlich das Presentation Zen Weblog, das nicht umsonst die Linkliste zu Ihrer Rechten anführt. Und für alle Ungeduldigen deshalb hier der direkte Link zu den Top Ten Slide Tips (Demnächst auch in Buchform).

Ach so, Powerpoint wurde jüngst zwanzig Jahre alt und dazu empfehle ich den Artikel des Wall Street Journal vom 20. Juni 2007, in dem die heute Anfang 60-jährigen Powerpoint Entwickler zu Wort kommen und der Tufte Kritik Recht geben.

Labels: de, ppt

URL Design

Wahrscheinlich wird der geneigte Leser denken, hier sei ein Beitrag in das falsche Blog gerutscht, aber Sie werden gleich sehen, was ich meine:
  1. http://www.cnn.com/2007/TECH/ptech/06/29/iphone.ap
  2. http://www.amazon.de/Statistisches-Jahrbuch-2005- Bundesrepublik-Deutschland/dp/382460745X
  3. http://www.faz.net/s/RubDDBDABB9457A437BAA85A49C26FB23A0/ Doc~E1AC04EF3A89C4D8B9218A43620D4A23E~ATpl ~Ecommon~Scontent.html
  4. http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/ DE/Navigation/Publikationen/Querschnittsveroeffentlichungen/ Querschnitt,templateId=renderPrint.psml__nnn=true
Hier die offensichtliche Bedeutung dieser links (ohne sie anzuklicken):
  1. Ein CNN Artikel aus dem Jahre 2007, Rubrik Technologie, möglicherweise portable Technologie, 29. Juni, Thema "iPhone", Nachrichtenagentur AP
  2. amazon.de, Statistisches Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland, Ausgabe 2005, ISBN 3-8246-0745-X
  3. FAZ.net ... ??? ... wtf
  4. destatis.de ... Hallo ich bin das Content Management System der deutschen Internetseite ... und Sie haben die Navigation Publikationen mit der Unterabteilung Querschnittsveröffentlichungen ausgewählt ... und das System verwendet gerade ein bestimmtes template ...

Google liebt diese URLs, die so reich an Metadaten sind, weshalb amazon mit der Einführung der 13-stelligen ISBN seine link Struktur gemäß obigem Beispiel überarbeitet hat, auch wenn das erst einmal alles durcheinander bringt (bei amazon funktionieren aber auch die alten links, z.B. alt versus neu).

Nebenbei brechen URLs mit Bindestrichen (Minuszeichen) wesentlich besser um als solche ohne oder mit Tilde (wichtig für E-Mails).

Labels: de, design, tech, web

Öffnungszeiten leicht verständlich

In Riga (Lettland) sind an sehr vielen Geschäften diese Art von Darstellung der Öffnungszeiten im Schaufenster zu finden. Die Lösung gefällt mir sehr gut, weil sie auch aus großer Entfernung gelesen werden kann, was für solche Schilder nicht selbstverständlich ist. Das Ganze funktioniert umso besser, je übersichtlicher die Öffnungszeiten selber sind. Mittagspause oder gar der lange Donnerstag würden den Grafiker vor einige Herausforderungen stellen. Die verschiedenen Umsetzungen bedienen sich am Wochenende teilweise der Redundanz, wo ein Schlüssel, Bindestrich oder das Wort „geschlossen" das andersfarbige/ andersartige Signet ergänzt.

Den Kommentaren zu einem Eintrag diesbezüglich im Information Aesthetics Blog war zu entnehmen, dass die hier gezeigte bildliche Umsetzung der Wochentage aus dem europäischen Teil der Sowjetunion bekannt ist und in Lettland eine besondere Bedeutung hat: Nach der Unabhängigkeit sind russische Beschriftungen in Lettland entfernt worden, aber ein großer Teil der russischen Minderheit im Land spricht nicht die lettische Sprache. Einer reinen Piktogramm-Sprache kommt also eine besondere Bedeutung zu.

Interessant auch ein weiterer Kommentar, der die Bedeutung kultureller Sehgewohnheiten verdeutlicht: Ein vermutlich nordamerikanischer Leser sprach aus, dass er vermute, der erste Tag sei Montag. Das hatte ich nie in Frage gestellt und es ergibt sich auch im Umkehrschluss aus den Öffnungszeiten, aber auf US Kalendern fängt die Woche üblicherweise mit Sonntag an.

Labels: de, signage

Archives