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Die Auteur-Theorie des Designs

Ein wiederkehrendes Thema bei der Analyse guten Designs ist das der Autorität der Entscheidungsberechtigten. Manche Autoren gehen soweit zu sagen, Design bedeute Entscheidungen zu treffen. John Gruber bemüht hierzu in einem Vortrag die Filmtheorie mit der Unterscheidung des Produzenten-Kinos vom Autorenfilm, um zu erklären wie gutes Design entstehen kann. Der Film als Kunstform biete sich dabei an, weil auch dem Laien bewußt ist, dass er eine Gemeinschaftsarbeit von Schauspielern, Kameramann, Regisseur und vielen anderen ist. Dabei stellt sich die Frage, wer letztendlich für das erfolgreiche Gelingen dieser Zusammenarbeit verantwortlich ist, bzw. sprichwörtlich ausgedrückt, wer es ermöglicht, dass das Ganze mehr wird als die Summe seiner Teile. Denn es sind durchaus genügend Beispiele bekannt, wo das Ganze hinter der Summer seiner Teile deutlich zurücksteht (vgl. Design by Committee).

Die Autorität über die endgültigen Entscheidungen bei einem Film wird final cut genannt. Dabei hat der Regisseur im Studiosystem im Allgemeinen nicht diese Entscheidungsbefugnis, was die Begründer des Autorenfilms aber als eine Grundvoraussetzung ansahen. Gruber erläutert das Beispiel Alfred Hitchcock, der keine final cut Autorität hatte und zu einer Zeit arbeitete, als Regisseure viel mehr Einstellungen drehten als benötigt wurden, so dass die Studios hinterher noch das Ende des Films variieren konnten, um einem vermeintlichen Publikumsgeschmack entgegenzukommen und den wirtschaftlichen Erfolg des Films zu steigern. Hitchcock hat das Studiosystem dabei aber ausgetrickst, indem er lediglich jene Einstellungen drehte, aus denen nur die eine Fassung des Films geschnitten werden konnte, die er selber beabsichtigt hatte. Hieraus leitet Gruber die folgende Theorie ab:

The Quality of any collaborative endeavor
tends to approach the level of taste
of whoever is in charge | of whoever has final cut

(works both ways)

Diese Theorie läßt sich in der Tat in der anderen Richtung am einfachsten nachvollziehen: Auch wenn noch so talentierte Menschen in einem kreativen Prozess zusammenarbeiten, geht dieses Talent verloren wenn die Geschmackssicherheit des Letztentscheiders nicht das Maß der Mitarbeiter erreicht.

Mehr noch als die Formulierung dieser Theorie sollte man sich an der Lehre orientieren, die Gruber allen Kreativen mit auf den Weg geben möchte: Wie Alfred Hitchcock mag man die final cut Autorität nicht bekommen, indem man danach fragt, sondern indem man sie sich nimmt.

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