Das Blog der Visualisierung

2004 bis 2014: Wir lesen das Internet in RSS Feedreadern

Anfang der 2000er Jahre war bloggen das große neue Ding im Internet. Wortfeld hat in seiner Erinnerung an Blogger.com über diese Zeit geschrieben, als noch nicht alles Google gehörte.

Damals war die einzige Möglichkeit, jemandem zu folgen, indem man den rss-Feed seines Blogs abonnierte. Vielleicht zeigt diese Formulierung, warum sich die Technik – in dieser Form – nicht durchgesetzt hat. Denn folgen tut man Menschen und es ist scheinbar einfacher, sich den Strom aller Pressemitteilungen (etwa der Stadtwerke München) als Menschen vorzustellen, statt sich die Lebensäußerungen eines Menschen als XML-Stream einzuverleiben.

In diesen Jahren konnte es der alleinige Grund sein, sich einen Mac zu kaufen, denn zum Lesen der rss-Feeds gab es zunächst nur eine wirklich gute Software, nämlich NetNewsWire.

Das Programmsymbol von NetNewsWire 4

NetNewsWire ist eines der ganz wenigen Programme, die mir nie abgestürzt sind, und ich habe viele Stunden am Tag darin verbracht. Aber in den letzten Jahren immer weniger. Schuld daran ist auch, dass seit dem Tod von Google Reader NetNewsWire nicht mehr über alle Geräte synchronisiert. Und Programme, die das nicht tun, sind in der heutigen multi-device Welt einfach nutzlos. Die Älteren unter uns, die noch E-Mail lesen, mögen auf all ihren Geräten noch einmal POP statt IMAP verwenden und werden das keine 24 Stunden überleben. Es ist fraglich, ob NetNewsWire 4 jemals das beta Stadium verlässt und einen eigenen Sync-Dienst bekommt. 2015 könnte das Jahr werden, in dem ich das Programm überhaupt nicht mehr gestartet haben werde.

Heute kann man mit Twitter fast alles erledigen, was früher im RSS Reader stattfand, mal abgesehen davon, dass zum Bloggen sowieso niemand mehr Zeit hat. Feedreader leben als Podcast Clients weiter, für deren Bedienung man die Buchstaben rss nicht aussprechen muss. Podcasts funktionieren einfach, weil jedes Programm seinen eigenen Katalog mitbringt, aus dem man sich sein Programm (im Sinne von Sendung) auswählt.

Um den Kreis der Nostalgie zu schließen, blogge ich diese Erinnerung mit einer lokalen Installation der Software Movable Type 4.3, die daraus einen RSS 2.0 und einen Atom-Feed generieren wird. Seit einigen Jahren braucht man eine Browsererweiterung, um das als Leser überhaupt zu merken. Zur Sicherheit gucke ich gleich mal in NetNewsWire nach, ob der Feed auch wirklich funktioniert (das Programm wartet immer noch auf eine neue Folge 137).

Labels: netnewswire, rss, techniktagebuch

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